Paragraph 5 Absatz 2

(2) Nicht wählbar ist, wer

a) in öffentlichen Äußerungen Auffassungen vertritt, die im Widerspruch zum Auftrag der Kirche oder zu den Grundsätzen ihrer Ordnung stehen, wie sie in der Verfassung der Landeskirche beschrieben werden, oder
b) aktiv eine Vereinigung unterstützt, die derartige Ziele verfolgt.

11 Kommentare

  1. Darüber kann es zu heftigem Streit kommen, gerade weil die Begriffe unscharf und hochgradig interpretationsfähig sind.

    • Wenn die Verfassung der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Hannovers bei solchen Konfliktfällen herangezogen wird, kann es selbst bei aufgeheizter Atmosphäre in einer Gemeindeversammlung zu durchaus produktiven Diskussionen kommen. Die Verfassung hält solche Diskussionen aus und gibt Maßstab und Zielrichtung. Ich verstehe den Paragraphen als „Lex AfD“. Eine Abgrenzung der Kirche gegen rassistische Tendenzen, Geschichtsvergessenheit oder Antijudaismus ist dringend geboten.

  2. Wer legt fest, welche Ansichten nicht zu den Grundsätzen der evangelisch-lutherischen Kirche passen und welche Vereinigungen unter diese Rubrik fallen?

    • Dieses Problem sehe ich auch. Eine Liste zu erstellen, ist aus vielen Gründen höchst problematisch. So wenig Sympathien ich für die AfD hege, ihre Mitglieder grundsätzlich auszuschließen, dürfte die kirchenfeindlichen Elemente in der Partei stärken und die Option einer Mitarbeit mit positiver Einflussnahme durch die anderen KV-Mitglieder negieren.
      Mit §1 (2) und §5 (1)c und (2)a gibt es drei Stellschrauben, um ungeeignete Bewerber/innen zu verhindern. Das reicht, also kann man (2)b streichen.

  3. Die Frage unseres Kirchenvorstandes geht in eine ähnliche Richtung wie die bisherigen Kommentare: Wer ist befugt, die Nichtwählbarkeit nach § 5 Abs. 2 festzustellen – besonders wenn wir 2 b betrachten? Bleiben wir mal beim Beispiel AfD: Da bedürfte es doch im Grunde eines offiziellen Beschlusses (etwa der Landessynode), der eine Unvereinbarkeit von AfD-Mitgliedschaft und Übernahme kirchlicher Leitungsämter feststellt. Was das angeht, spreche ich nicht mehr für „meinen“ KV, sondern nur für mich selbst: Anders als Johannes Klapper halte ich so einen Unvereinbarkeitsbeschluss für überfällig.

  4. Dieser Paragraph ist hochproblematisch. Um mal eine andere Ecke als die AfD zu beleuchten: sollen z.B. sämtliche bei der FDP aktiven Lutheraner unwählbar sein, da diese Partei den Einzug der Kirchensteuer durch den Staat kritisiert, der aber in der Verfassung an zahlreichen Stellen enthalten ist? Und eine explizite Liste von ‚unwählbaren‘ Parteien halte ich für noch problematischer. Wollen wir wirklich diskutieren, was die AfD oder die Linke unwählbar macht? Ich rate dringendst davon ab.

    Und als KV wollen wir derartiges sicher nicht überprüfen, der Kirchenkreisvorstand sicher auch nicht. Damit wird lustigen bis grauslichen anonymen Emails Tor und Tür geöffnet.

    Wir schlagen eine positive Formulierung wie „Bindung an Bibel und Bekenntnisschriften der Landeskirche“ vor.

    • Die Verfassung ist in diesem Punkt klar. Artikel 6 benennt Heilige Schrift und Bekenntnis.

  5. Ein Lex AfD. Prima. Genauso hätte auch Jesus gehandelt. Mit bestimmten Schmuddelkindern setzt man sich nicht an einen Tisch. Ich bin dafür, AfD-Wähler und Funktionsträger auch vom Abendmahl auszuschließen und ihnen kirchliche Bestattungen zu verweigern. Das ist ganz im Sinne der umfassenden Liebe, wie sie im Evangelium unseres Gründers Jesus Christus vorgelebt wurde.

  6. Nun ja, ich gebe zu, meine erste Reaktion war vielleicht ein wenig polemisch. So aus dem Bauch heraus. Tatsächlich sollten wir das Recht in Anspruch nehmen, uns gegen Menschen zu wehren, die Dinge sagen und fordern, die mit dem Evangelium schlicht nicht vereinbar sind. Dazu gehört vor allem die Diskriminierung von Anders-Seienden, von denen, die nicht im Mainstream angesiedelt sind. Aber vergessen wir bitte dabei auch nie, dass auch diese uns vielleicht unangenehmen „Brüder und Schwestern“ vom rechten Rand immer noch unsere Geschwister sind. Sie sind auch Getaufte und werden von Gott geliebt. Auch wir sind nicht weniger Sünder als sie es sind. Christen sind nicht grundsätzlich bessere Menschen und sollten vorsichtig bleiben und nicht schnell den Stab über Andere brechen. Das wollte ich zu bedenken geben.

    • Lieber Herr Riga,
      Ihre Ausführungen sind nicht von der Hand zu weisen. Vielleicht liegt die Lösung darin, zwischen Gemeinde und Gemeindeleitung zu trennen. Niemand wird aus der Gemeinde ausgeschlossen, jede*r kann an Gottesdiensten und Veranstaltungen teilnehmen. Die Frage ist, ob Menschen mit bestimmten extremen politischen Aktivitäten sogar in die Gemeindeleitung gewählt werden können. Auch bei Stellenbesetzungen im Küsterdienst, Gemeindesekretariat usw. werden Kirchenvorstände auf solche Dinge achten und Pastor*in oder Kirchenbeamt*in kann (vereinfacht gesagt) ebenfalls nicht jede*r werden. Für die KV-Mitgliedschaft sollte Ähnliches gelten. Ihre Stellungnahme trifft aber gut einen wichtigen Aspekt, den es bei einer Abgrenzung in puncto Wählbarkeit zu beachten gilt.
      Mit freundlichen Grüßen
      Stefan Schlotz

  7. Durch §1 (2) und §5 (1) c und §5 (2) a ist ausreichend dargelegt, dass Personen, die kirchenverfassungsfeindliche Positionen vertreten, nicht Mitglieder des Kirchenvorstandes sein können.
    Die Benennung von Vereinigungen, bei denen das Verfolgen kirchenverfassungsfeindlicher Ziele festgestellt werden kann, führt auf den ersten Blick zu einer größeren Rechtssicherheit bei eventuellen Ausschlüssen. Bei genauerem Hinsehen führt sie aber im Zweifel zu erheblichen Problemen für die Kirchengemeinden und Kirchenvorstände.

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